Glutenfrei zu essen, ohne von einer Unverträglichkeit betroffen zu sein, ist nicht unbedingt gesund.

 

Glutenfrei zu essen, ohne von einer Unverträglichkeit betroffen zu sein, ist nicht unbedingt gesund. Eine Studie zeigt, dass die glutenfreie Kost bei Gesunden Herzkrankheiten nicht vorbeugen kann, und sie hat einige Nachteile.

 

Gluten (Klebeeiweiß) ist im Weizen und in anderen Getreidearten (Roggen, Gerste, Hafer etc.) vorhanden, es sorgt als Emulgator z.B. für die Backfähigkeit von Mehlen. Menschen, die von Zöliakie, einer Autoimmunkrankheit mit Gluten-Unverträglichkeit, oder Gluten-Sensitivität, betroffen sind, können glutenhaltige Lebensmittel nicht vertragen. Sie reagieren darauf bei Zöliakie mit Entzündungen im Dünndarm, das kann heftige Darmbeschwerden und Blähungen sowie die geringere Resorption von Nährstoffen auslösen. Mit der Zeit können auch Herzerkrankungen, Blutarmut und Osteoporose entstehen. Bei einer Gluten-Sensitivität kann Gluten ebenfalls einige unspezifische Symptome auslösen, ohne dass die Zöliakie vorhanden ist. Generell sind von der Zöliakie und Gluten-Sensitivität nur wenige Menschen betroffen.

 

Mit dem inzwischen größeren Angebot an glutenfreien Lebensmitteln greifen aber immer mehr Menschen, die Gluten vertragen, ebenfalls zu solchen Produkten. Viele Menschen glauben, das sei gesünder und verhindert Übergewicht. In den USA ist heute schon jeder Vierte der Ansicht, dass eine glutenfreie Ernährung für jeden Menschen gesund sei. Die „Selbstdiagnose“ der Gluten-Unverträglichkeit ist jedoch nicht empfehlenswert, man sollte es medizinisch klären lassen, ob man von einer Zöliakie oder Gluten-Sensitivität betroffen ist. Wer freiwillig auf glutenhaltige Lebensmittel verzichtet, nimmt damit weniger B-Vitamine und Ballaststoffe auf, die positiv die Darmfunktionen stärken und den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen lassen. Eine neue US-Studie zeigt, dass die glutenfreie Ernährung für gesunde Menschen keinerlei Vorteile für die Herzgesundheit bringt und allgemein gesundheitliche Nachteile hat.

 

Die Forscher werteten die Ergebnisse zweier großer Bevölkerungsstudien (Nurses Health Study und Health Professionals Follow-up Study) aus der Zeit von 1986 bis 2010 aus. Enthalten waren viele Ernährungs- und Gesundheitsdaten von rund 110.000 US-amerikanischen Männern und Frauen. Ausgeschlossen waren in der Analyse grundsätzlich alle Teilnehmer, die von einer Zöliakie betroffen waren. Die Forscher wollten klären, ob auch gesunde Menschen von einer glutenfreien Ernährung profitieren und damit Herzerkrankungen vorbeugen können. Die Teilnehmer gaben alle vier Jahre genaue Auskünfte über ihre Ernährung, einschließlich des Verzehrs von glutenhaltigen oder -freien Lebensmitteln. Je nach ihrer Gluten-Aufnahme wurden die Teilnehmer in fünf Gruppen eingeteilt, vom niedrigsten bis zum höchsten Konsum.

 

Im Lauf der langjährigen Beobachtungszeit traten bei den Teilnehmern rund 6.500 Fälle von koronaren Herzkrankheiten auf. Die Analysen ergaben, dass der Gluten-Verzehr keinerlei Einfluss auf die Entstehung dieser Herzerkrankungen hatte, ganz gleich wie viel oder wenig Gluten die Teilnehmer aufnahmen. Die Forscher prüften außerdem, ob sich der Verzicht auf  Gluten schädlich auswirken kann. Hier zeigte sich, dass bei Menschen, die aus Angst vor Gluten auf Vollkornprodukte in der Ernährung verzichteten, das Risiko für koronare Herzkrankheiten um 15 % erhöht war.

 

Die Forscher ziehen den Schluss, dass bei Menschen, die nicht an Zöliakie leiden, das Nahrungs-Gluten nicht mit dem Risiko für Herzerkrankungen verbunden ist. Bei ihnen kann die Vermeidung oder Einschränkung von Vollkornprodukten als Teil einer glutenfreien oder -reduzierten Ernährung sogar die Risiken für Herzerkrankungen erhöhen. Die Forscher empfehlen daher, den Verzehr einer glutenfreien Ernährung nicht generell zu fördern. Es sollten nur die Menschen glutenfrei essen, die tatsächlich von Zöliakie oder der Gluten-Sensitivität betroffen sind. In weiteren Studien soll nun geprüft werden, ob die Aufnahmen von Gluten auch andere Krankheiten beeinflussen können.

 
Quelle:
Benjamin Lebwohl et al., Long term gluten consumption in adults without celiac disease and risk of coronary heart disease: prospective cohort study. In: British Medical Journal, Online-Veröffentlichung vom 2.5.2017, doi: 10.1136/bmj.j1892.