Das Darm-Mikrobiom und die Schlafqualität

 

Bestandteile der Nahrung wie Ballaststoffe, ungesättigte Fettsäuren und pflanzliche Polyphenole sowie der Zeitpunkt und die Abstände der Mahlzeiten wirken sich auf das Darm-Mikrobiom aus. Sie beeinflussen die gesunden Darmbakterien, verschiedene Stoffwechselprodukte zu bilden, die für die Schlafqualität und die allgemeine Gesundheit wichtig sind. Das gilt besonders für Melatonin.

 

Zum Darm-Mikrobiom gehören alle dort angesiedelten Mikroorganismen, Bakterien, Viren, Pilze etc., einschließlich der von ihnen produzierten Stoffwechselprodukte, ihr genetisches Material und andere Umweltbedingungen. Diese Vielfalt wirkt sich ein Leben lang erheblich auf die Gesundheit aus und wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Das beginnt bereits mit der Geburt, wo sich die Kolonisierung der Bakterien durch eine natürliche Geburt und einen Kaiserschnitt unterscheiden. Weiter beeinflusst das Stillen oder Nicht-Stillen die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm auf verschiedene Weise. Allgemein sind die ersten beiden Lebensjahre durch dynamische, intensive Veränderungen der Darm-Mikrobiota (Gesamtheit der Mikroorganismen) gekennzeichnet.

 

Es bildet sich eine Zusammensetzung, die der des Erwachsenen immer ähnlicher wird. Im Alter von fünf Jahren ist die Grundlage der Darm-Mikrobiota geschaffen und die Grundstruktur für das spätere Leben bestimmt, in der Pubertät stabilisiert sich die Zusammensetzung weiter. Einen wichtigen Einfluss ab der frühen Lebenszeit haben außerdem Infektionen und die Aufnahmen von Antibiotika und anderen Medikamenten. In späteren Lebensabschnitten spielen die Ernährung, der Lebensstil, chronischer Stress, Umwelteinflüsse und körperfremde Xenobiotika (z. B. Konservierungs-, Farbstoffe, Pestizide) eine wichtige Rolle bei der Zusammensetzung der Mikrobiota.

 

Die Forschung deutet auch darauf hin, dass der Darm und das Gehirn durch die sogenannte Darm-Mikrobiom-Gehirn-Achse miteinander verbunden sind. Dabei beeinflusst die Darm-Mikrobiota das Gehirn über immunregulatorische, neuroendokrine Mechanismen und die Wege des Vagus-Nervs (Hauptnerv des Parasympathikus). Die Mikroorganismen im Darm bilden außerdem verschiedene Metaboliten, dazu gehören u. a. Neurotransmitter, die das Nervensystem beeinflussen. Die Produktion von Metaboliten erfolgt zyklisch und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der zirkadianen Rhythmen (Anpassung von Körperfunktionen an den 24-Stunden-Tag). Dabei ist der Schlaf-Wach-Rhythmus mit dem Wechsel der Schlaf- und Wachphasen der wichtigste zirkadiane Rhythmus. Dies deutet darauf hin, dass die Mikrobiota einen wichtigen Einfluss auf die Stoffwechsel-Homöostase und die Rhythmik des Organismus und den Schlaf hat. Eine Gruppe polnischer Forscher stellte die aktuellen Kenntnisse zur Rolle der Darm-Mikrobiota bei der Schlaf-Regulierung durch verschiedene Metaboliten wie kurzkettige Fettsäuren, Tryptophan, Serotonin, Melatonin und Gamma-Aminobuttersäure vor. Wir greifen hier vor allem die besonderen Funktionen der kurzkettigen Fettsäuren und von Melatonin heraus.

 

Im Dickdarm fermentiert die Darm-Mikrobiota Ballaststoffe, was zur Bildung von kurzkettigen Fettsäuren führt. Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Bakterienstämme (z. B. Lachnospiraceae UCG004, Odoribacter), die an dieser Produktion beteiligt sind, zu einer längeren Schlafdauer beitragen könnten. Kurzkettige Fettsäuren wirken sich möglicherweise auf den Schlaf aus, indem sie die Synthese von GABA (Gamma-Aminobuttersäure) und 5-HTP (Aminosäure 5-Hydroxyryptophan, Zwischenprodukt der Serotonin-Synthese) modulieren. Die GABA spielt als primärer hemmender Neurotransmitter im Nervensystem eine wichtige Rolle bei der Förderung des Schlafs, indem sie Erregungswege verringert. Die Bildung von Serotonin (Neurotransmitter) im Darm hängt von der Darm-Mikrobiota, der Ernährung, Signalhormonen und Peptiden (Verknüpfung mehrerer Aminosäuren) ab. Die Darm-Mikrobiota könnte daher auch eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung der optimalen Bildung von Melatonin (Derivat der Aminosäure Tryptophan) spielen, das im Körper aus Serotonin gebildet wird. Melatonin spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Schlaf-Wach-Zyklus.

 

Dieses natürlich gebildete schlaffördernde Hormon wird als Reaktion auf Veränderungen des Umgebungs-Lichts synthetisiert, wobei der Höhepunkt der Produktion in der Dunkelheit erreicht wird. Melatonin erreicht seine Wirkung auf die Schlaf-Wach-Mechanismen, indem es mit Melatonin-Rezeptoren interagiert, die sich auf der Oberfläche von Neuronen im Gehirn befinden. Sie sind besonders häufig in bestimmten Hirnregionen (Hippocampus, Hypothalamus, Basalganglien) angesiedelt. Die Aktivierung der Melatonin-Rezeptoren moduliert die Freisetzung von Neurotransmittern (z. B. GABA, Serotonin, Glutamat) und wirkt sich auf die an der Schlafregulierung beteiligten Gehirnstrukturen aus. Melatonin beeinflusst den zirkadianen Rhythmus, die Schlaf-Wach-Phase und die Schlafqualität. Der Melatonin-Spiegel erreicht nachts seinen Höchststand, was das Einschlafen erleichtert, und sinkt am Morgen, was den Übergang zur Wachphase fördert. Melatonin spielt daher eine Schlüsselrolle bei der Synchronisierung der inneren biologischen Uhr mit dem Hell-Dunkel-Zyklus und unterstützt die Schlafhomöostase. Inzwischen ist bekannt, dass die Bildung von Melatonin durch die Darmzellen etwa 400-mal höher ist als die Produktion in der Zirbeldrüse (Epiphyse).

 

Außerdem scheint die Ausschüttung von Melatonin mit der Häufigkeit der Nahrungsaufnahme korreliert zu sein. Patienten, die unter Schlaflosigkeit und anderen Schlafstörungen leiden, weisen häufig eine beeinträchtigte Zusammensetzung und gestörte Funktionen der Darm-Mikrobiota auf. Folglich könnte die Darm-Mikrobiota eine wichtige Rolle bei der Unterstützung einer optimalen Melatonin-Produktion spielen. Das könnte sich positiv auf die Schlafregulation und andere Funktionen im Zusammenhang mit den zirkadianen Rhythmen auswirken.

 

Die Forscher ziehen das Fazit: Der Verzehr einer abwechslungsreichen Ernährung mit Lebensmitteln, die reich an Ballaststoffen, Polyphenolen und ungesättigten Fettsäuren sind, kann sich günstig auf das Darm-Mikrobiom auswirken und vermutlich auch das Schlafverhalten beeinflussen. Von der Mikrobiota synthetisierte Stoffwechselprodukte wie kurzkettige Fettsäuren, GABA, Serotonin (5-HTP), Tryptophan und besonders Melatonin spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung physiologischer Funktionen, einschließlich der Schlafregulation. Ein Ungleichgewicht in der Zusammensetzung der Mikrobiota kann mit dem Auftreten von Schlafstörungen und anderen chronischen Erkrankungen wie Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychischen Störungen in Verbindung gebracht werden.

 

Unser Tipp: Melatonin ist als Nahrungsergänzung in verschiedenen Formen angeboten. In einer liposomalen, veganen Formel mit Lavendel, Baldrian und Phosphatidylcholin ist es sehr gut bioverfügbar.

 

Quelle:
Monika Sejbuk et al., The Role of Gut Microbiome in Sleep Quality and Health: Dietary Strategies for Microbiota Support. In: Nutrients, online 13.07.2024, doi: 10.3390/nu16142259.