Selen beim Schwangerschaftsdiabetes

 

In der Schwangerschaft kann ein Diabetes entstehen, mit Folgen für die Gesundheit von Mutter und Kind. Zu den beeinflussenden und veränderlichen Risikofaktoren gehört die Ernährung. Dabei spielt die gute Versorgung mit Selen eine wichtige Rolle, wie eine neue Studie zeigt.

 

Der Schwangerschaftsdiabetes ist eine Störung im Stoffwechsel mit erhöhten Glukose-Konzentrationen, der die Gesundheit von Mutter und Kind beeinträchtigt. Zu den Symptomen gehören u. a. vermehrte Infekte der Harnwege oder Entzündungen der Scheide, erhöhtes Fruchtwasser, übermäßige Gewichts- und Größenzunahme des Fötus und der Bluthochdruck. Der Schwangerschaftsdiabetes tritt weltweit relativ häufig auf, bis zu 20 % der Schwangeren sind betroffen. Die Frauen und ihre Kinder haben danach außerdem ein erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken. Davon abgegrenzt wird der Diabetes, von dem einige Schwangere bereits vorher betroffen waren. Zu den Risikofaktoren gehören das Alter, Übergewicht und Adipositas (BMI ab 30) sowie der Lebensstil. Eine wichtige Rolle spielt die Ernährung, einschließlich der Versorgung mit in der Schwangerschaft besonders wichtigen Mikronährstoffen. Bei den Mineralien ist z. B. die gute Versorgung mit Jod und Eisen in dieser Zeit sehr wichtig, dagegen sind die Funktionen von Selen bisher nur unzureichend geklärt. Man weiß, dass der Selen-Status der Mutter im Lauf der Schwangerschaft sinkt, bedingt durch das zunehmende Plasma-Volumen und den steigenden Bedarf an Selen beim Fötus.

 

Einige Studien zeigten, dass Selen-Ergänzungen in der Schwangerschaft z. B. dazu beitragen können, einige Störungen (z. B. Schilddrüsenentzündung und -unterfunktion, Präeklampsie) zu verringern. Ob und wie Selen beim Schwangerschaftsdiabetes eine Rolle spielt, das ist bisher nicht genau geklärt. Bekannt ist, dass die Krankheit auch mit einem erhöhten oxidativen Stress verbunden ist. Das deutet darauf hin, dass Selen und die Selenoproteine mit ihren antioxidativen Funktionen eine Rolle spielen könnten. In experimentellen Studien hatte man festgestellt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem erhöhtem Selenoprotein P (Selen-Transportprotein) und einer erhöhten Insulinresistenz gibt. Für die Beziehung zur Schwangerschaft gibt es dazu bisher nur wenige, nicht schlüssige Untersuchungen. Ein Forscherteam aus Dänemark, Deutschland und den Niederlanden prüfte daher Selen in Bezug zur Schwangerschaft und zum Schwangerschaftsdiabetes in einer Studie. Sie nutzten drei Biomarker für den Selen-Status, Gesamt-Selen im Serum, Selenoprotein P und die Aktivität des Enzyms GPx3 (Glutathion-Peroxidase 3), das zum Schutz vor dem oxidativen Stress in den Zellen beiträgt. Die Bewertung des Selen-Transports durch Selenoprotein P aus der Leber und die periphere Selen-Versorgung durch die GPx3-Aktivität aus der Niere, die beim Selen-Mangel ein relevanter Marker ist, geben zusätzliche Einblicke in den Selen-Status. Bestimmt wurden außerdem Marker für den Schwangerschaftsdiabetes, darunter z. B. HOMA-IR (zur Bestimmung der Glukose-Insulin-Homöostase) und ein oraler Glukosetoleranztext (weist eine gestörte Glukoseverwertung nach). Untersucht wurden außerdem das Geburtsgewicht und die Größe der neugeborenen Kinder, da erhöhte Werte zu den Folgen des Schwangerschaftsdiabetes gehören.

 

In die Studie einbezogen waren 1.346 schwangere Frauen, die an einer dänischen Bevölkerungsstudie, der Odense Child Cohort Study (von 2010 bis Ende 2012) beteiligt waren. Bei allen Frauen wurden die Konzentrationen von Serum-Selen, Selenoprotein P und die Aktivität von GPx3 in der späten Schwangerschaft gemessen. Bestimmt wurden weiter die Werte von Nüchtern-Glukose und Insulin in der späten Schwangerschaft, auch der HOMA-IR-Wert wurde geprüft. Von 946 Frauen standen außerdem Informationen über den Selen-Status in der frühen Schwangerschaft zur Verfügung. Die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes entsprach dem von der WHO 2013 festgelegten Schwellenwert (Nüchtern-Plasma-Glukose ≥5,1 mmol/L). Eine Untergruppe der Frauen nahm außerdem an einem oralen Glukosetoleranztest teil. Es zeigte sich eine Verbindung der drei Selen-Biomarker zum Schwangerschaftsdiabetes, zur Insulinresistenz und zu einem erhöhten Geburtsgewicht der Kinder. Selen und Selenoprotein P nahmen in der Schwangerschaft deutlich ab.

 

Ein stärkerer Rückgang der Selen-Biomarker war mit einem erhöhten Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und einem höheren HOMA-IR-Wert verbunden. Die Verbindungen waren dosisabhängig und unabhängig von den etablierten Risikofaktoren für den Schwangerschaftsdiabetes. Das galt besonders für eine niedrige Aktivität von GPx3 in der frühen und späten Schwangerschaft. Dies war unabhängig verbunden mit einem höheren Risiko für den Schwangerschaftsdiabetes, einem höheren HOMA-IR-Wert, Nüchternglukose und dem oralen Glukosetoleranztest. Eine niedrige GPx3-Aktivität erhöhte in der späten Schwangerschaft das Risiko für ein höheres Gewicht und Größe der Kinder bei der Geburt, was zum Teil durch die Konzentration der Nüchternglukose-Werte vermittelt wurde.

 

Die Forscher ziehen das Fazit: Ein niedriger Selen-Gehalt im Serum während der Schwangerschaft ist unabhängig von den bisher bekannten Risikofaktoren mit dem Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und einem Einfluss auf das Gewicht und die Größe der Kinder bei der Geburt verbunden. Das gilt vor allem für die Aktivität des Enzyms GPx3. Zusätzlich zum Blutzucker-Screening im Rahmen der Schwangerenvorsorge könnte die Bestimmung der Selenwerte sinnvoll sein. Damit könnten Frauen mit einem hohen Risiko für den Schwangerschaftsdiabetes besser erkannt werden, die von Selen-Ergänzungen profitieren könnten.

 

Unser Tipp: 

In der Schwangerschaft steigt der Bedarf an vielen Mineralien und Vitaminen, Ergänzungen können gegebenenfalls die Versorgung verbessern. Das gilt auch für Selen, das in verschiedenen Formen zur Verfügung steht. Schwangere sollten Mikronährstoffe nur nach therapeutischer Empfehlung einnehmen. Auf eine gute Qualität und Bioverfügbarkeit sollte bei der Ergänzung von Mikronährstoffen in dieser Zeit besonders geachtet werden.

 

Quelle:
Kamil Demircan et al., Serum selenium, selenoprotein P, and glutathione peroxidase 3 during early and late pregnancy in association with gestational diabetes mellitus: Prospective Odense Child Cohort. In: The American Journal of Clinical Nutrition, online 7.10.2023, doi: 10.1016/j.ajcnut.2023.09.025.